Sicherheitspolitisches Umfeld der Schweiz hat sich nachhaltig verschlechtert
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 9. November 2022 den jährlichen Bericht zur Beurteilung der Bedrohungslage gemäss Art. 70 NDG verabschiedet. Wie bereits aus dem Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021 hervorging, hat der Krieg in der Ukraine weitreichende Auswirkungen. Die europäische Friedensordnung ist erschüttert worden und die internationale sicherheits- und verteidigungspolitische Kooperation in Europa hat sich intensiviert.
Operatoren des Armee-Aufklärungsdetachements 10 kurz vor Fallschirmabsprung aus grosser Höhe. Foto: Kommando Spezialkräfte (KSK) - VBS/DDPS
Der jährliche Bericht des Bundesrates zur Beurteilung der Bedrohungslage bezieht sich zum einen auf die im Nachrichtendienstgesetz (NDG) genannten Bedrohungen und zum anderen auf die sicherheitspolitisch bedeutsamen Vorgänge im Ausland. Das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz hat sich gemäss Bericht nachhaltig verschlechtert und bleibt volatil. Die rechts- und regelbasierte liberale internationale Ordnung ist mit grossen Herausforderungen konfrontiert. Zudem bestätigt der Bericht die Feststellung, dass sich eine stärkere Spaltung zwischen den westlichen Staaten auf der einen sowie China und Russland auf der anderen Seite abzeichnet.
In diesem Zusammenhang unterstreicht der vom Bundesrat verabschiedete Bericht insbesondere die Notwendigkeit, die Kompetenzen zur sicherheitspolitischen Früherkennung und Antizipation weiterzuentwickeln und diese Aufgabe im Verbund verschiedener Bundesstellen noch umfassender und systematischer wahrzunehmen.
Die Bedrohungen im Einzelnen
Was die im NDG genannten Bedrohungen betrifft, ist die Terrorbedrohung in der Schweiz nach wie vor erhöht. Anschläge durch Einzeltäterinnen und -täter oder Kleingruppen mit geringem logistischem und organisatorischem Aufwand stellen weiterhin die wahrscheinlichste Terrorbedrohung dar. Im Bereich des verbotenen Nachrichtendienstes führen die verstärkte Konkurrenz der Grossmächte und einiger aufstrebender Regionalmächte sowie Kriege und Konflikte zu einer weltweiten Intensivierung der verbotenen nachrichtendienstlichen Tätigkeiten. In Bezug auf die Weiterverbreitung nuklearer, biologischer oder chemischer Waffen (NBC-Proliferation) geht aus dem Bericht hervor, dass Massenvernichtungswaffen und deren Trägermittel unter den Grossmächten wieder an Bedeutung gewinnen. Ausländische Akteure versuchen weiterhin, in der Schweiz Material zugunsten von Massenvernichtungswaffenprogrammen oder zur Herstellung von Trägersystemen zu beschaffen.
Mit Blick auf die Bedrohung kritischer Infrastrukturen hält der Bericht fest, dass die Digitalisierung aufgrund der Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie einen weiteren Schub erfahren hat, was häufig auf Kosten der Sicherheit geschah. Bedrohungen für kritische Infrastrukturen gehen indes nicht allein von Cybermitteln aus: Auch physische Angriffe sind möglich, denn ein konventioneller Krieg zwischen Industrienationen ist eine Bedrohung für zahlreiche kritische Infrastrukturen und kann direkte Auswirkungen auf die Schweiz haben, wie der Fall des Kernkraftwerks Saporischschja zeigt.
Im Bereich des gewalttätigen Extremismus geht in der Schweiz die Bedrohung weiterhin von den gewalttätigen links- und rechtsextremen Szenen aus. In der Schweiz wie auch im Ausland ist festzustellen, dass das Risiko von politischer Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus mit einer gesellschaftlichen Fragmentierung und Polarisierung als Reaktion auf die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen einhergeht.
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