Der Handelskrieg und seine Folgen für die Schweizer Automobilwirtschaft
- Admin
- 17. Apr.
- 5 Min. Lesezeit
Während die grossen Wirtschaftsmächte USA und China in einen immer härteren Zollstreit rund um Automobile und Elektromobilität geraten, scheint die Schweiz auf den ersten Blick unberührt: Das Land erhebt bekanntlich keine Importzölle auf Autos – weder aus China noch aus Nordamerika oder der EU. Doch der Schein trügt. Die globalen Spannungen auf den Automobilmärkten hinterlassen auch in der zollfreien Schweiz deutliche Spuren.

Abgesehen von Tsla ist die Nachfrage nach amerikanischen Autos nicht eingebrochen. Hingegen droht mit dem faktischen Importverbot gegen amerikanische Direktimporte eine weitere Eskalation zwischen US-Präsident Trump und der Schweiz.
Globale Zölle – Lokale Preiseffekte
Die jüngsten Massnahmen der USA, darunter ein drastischer Zollsatz von bis zu 145 % auf chinesische Produkte, sowie Chinas Antwort mit 125% Zoll auf US-Produkte, setzen nicht nur Hersteller unter Druck. Doch nicht nur Präsident Trump spielt mit unfairen Methoden. Auch die EU hat bereits Mitte 2024 Zölle bis zu 35 % auf chinesische Elektroautos eingeführt, was in der aktuellen Diskussion gerne vergessen wird. Für Fahrzeuge aus Europa, die in die USA exportiert werden, gelten aktuell 25 % Zoll. Diese wurden nicht ausgesetzt, sondern sind aktuell in Kraft. Die Schweiz exportiert im Regelfall keine Fahrzeuge direkt nach den USA, weil die Zulassungshürden, abgesehen von den geplanten Zöllen, zu hoch sind.
Diese massiven Zollerhöhungen haben direkte Auswirkungen auf die Produktionskosten von Fahrzeugen weltweit. Die Schweiz, obwohl kein Autoproduzent, bezieht Fahrzeuge und Ersatzteile aus globalen Lieferketten. Wenn Fahrzeugteile oder Komponenten aus zollbelasteten Ländern stammen, steigen die Herstellungs- und Logistikkosten. Diese Preiserhöhungen werden über kurz oder lang auch in der Schweiz spürbar werden.
Markenhändler im Spannungsfeld, Neuwagenpreise dürften steigen.
Für den offiziellen Markenhandel in der Schweiz bedeutet dies voraussichtlich steigende Preise im Neuwagensegment. Hersteller, die mit höheren Produktions- oder Exportkosten konfrontiert sind, geben diese Kosten über ihre Vertriebsstrukturen weiter – auch in zollfreie Märkte wie die Schweiz. Gleichzeitig führen mögliche Lieferkettenunterbrechungen oder Verzögerungen zu längeren Wartezeiten für Neuwagenkunden, insbesondere bei stark nachgefragten Elektromodellen.
Roger Kunz, Präsident des Verbandes freier Autohändler der Schweiz (VFAS): «Obwohl die Schweiz auf Einfuhren aus allen Ländern seit 2024 keine Zölle mehr erhebt, dürfte der aktuelle Zollkonflikt zu höheren Neuwagenpreisen in der Schweiz führen».
Parallelimporte und Kunden als Schnäppchenjäger wahrscheinlich Profiteure
Auf der anderen Seite könnte der sogenannte Parallelhandel – also der direkte Import von Fahrzeugen aus Drittländern durch freie Händler – von der aktuellen Lage profitieren. Hersteller, die auf ihren Lagerbeständen sitzen bleiben oder Absatzmärkte durch Zollschranken verlieren, sind eher bereit, bestimmte Modelle zu attraktiveren Konditionen abzugeben. Diese Fahrzeuge könnten über unabhängige Anbieter ihren Weg in die Schweiz finden – oft zu günstigeren Preisen als im offiziellen Vertrieb.

Adrian Büchler, CEO einer der grössten Parallelimporteure der Schweiz sagt: «Wir bei Auto Kunz AG in Wohlen haben bereits verschiedene günstige Angebote von Herstellern erhalten. Diese werden wir mit sehr grossen Nachlässen unseren Kunden anbieten.» Als aktuelles Beispiel eines solchen Sonderangebotes nennt er den BYD ETP3, ein vollelektrischer Kastenwagen, der Auto Kunz mit 59% Rabatt neu für Fr. 14'789.—anbietet.
Abschwächung der Nachfrage?
Ein weiterer Effekt: Die globale Verunsicherung und steigende Preise könnten die Nachfrage nach Neuwagen dämpfen – sowohl in der Schweiz als auch weltweit. Während das Angebot durch Überproduktion teilweise steigt, bleiben Käufer zurückhaltender. Dieses Missverhältnis könnte mittelfristig zu Sonderaktionen oder Preisnachlässen führen – insbesondere bei Volumenmodellen und nicht mehr ganz aktuellen Baureihen. Roger Kunz, VFAS Präsident: "Wir erwarten, dass die Neuwagenzulassungen in der Schweiz leicht rückläufig sind, hingegen die Parallelimporteure Ihre Marktanteile 2025 steigern werden."
Auswirkungen auf amerikanische Fahrzeuge in der Schweiz
Tesla leidet seit Monaten unter dem Musk-Effekt und hat massiv an Marktanteil in der Schweiz verloren. Adrian Büchler, von der Auto Kunz AG, welche unter anderem auch amerikanische Autos importiert: «Wir spüren zurzeit keinen Nachfragerückgang bei typisch amerikanischen Fahrzeugen, ausser bei Tesla. Modelle wie Ford Explorer, Ford Mustang oder Jeep sind immer noch sehr nachgefragt bei uns. Die Amerikaner-Kundschaft ist den Modellen oft jahrzehntelang treu.»
Importverbot amerikanischer Fahrzeuge ab 2027 – weitere Eskalation?
Doch, jetzt braut sich weiteres Ungemach zusammen, welches US-Präsident Trump nicht gefallen wird. Der Bundesrat hat in der Verordnung VTS massive Verschärfungen in Kraft gesetzt, die faktisch ein Importverbot für nicht für die EU gebaute Fahrzeuge beinhaltet. Zurzeit gelten noch Ausnahmen bis Dezember 2026, welche bisher der Bundesrat nicht verlängern will. Insbesondere geht es bei nicht für die EU gebauten Fahrzeuge um Direktimporte aus den USA.
Dieser Nischenmarkt besteht seit Jahrzehnten, Private und spezialisierte Ami-Händler importieren Fahrzeuge, die entweder in Europa nicht angeboten werden oder Modelle, die in den USA deutlich günstiger verkauft werden als in der Schweiz. Roger Kunz, VFAS Präsident sagt hierzu: «Es ist für die Schweizer Volkswirtschaft und die Schweizer Konsumenten eine schlechte Idee, die Märkte abzuschotten, dass führt zu höheren Preisen». Und solches Tun birgt die grosse Gefahr von Retorsionsmassnahmen, wie sie Präsident Trump gegen die Schweiz verhängt hat.
Technisch gesehen geht es darum, dass der Bundesrat die seit Jahrzehnten bestehenden Erleichterungen für die Zulassung von nicht für die EU gebauten Fahrzeugen entfallen lassen will, was faktisch dazu führt, dass diese Fahrzeuge nicht mehr zulassungsfähig sind. Begründet wird dies mit der Anwendung von europäischen Zulassungsrecht, obwohl die EU Staaten aufgrund von nationalem Recht diese Fahrzeuge weiterhin vereinfacht zulassen. Hinter vorgehaltener Hand geht es aber um ein künstliches Fernhalten von US-Cars aus der Schweiz, aus Gründen des Umweltschutzes oder schlicht zur Marktabschottung.
Pikant in der aktuellen Situation ist, wie die Trump-Administration auf dieses Handelshemmnis reagieren wird, da in der Praxis fast ausschliesslich USA Fahrzeuge von der neuen Regelung des Bundesrats betroffen sind. Roger Kunz, VFAS Präsident meint hierzu: «Es geht um offene Märkte, es darf nicht sein, dass technischen Handelshemmnisse den Wettbewerb behindern». Da kommt die breit abgestützte Motion von Nationalrat Walliser gerade richtig. Der SVP Politiker und seine Mitunterzeichner der FDP, Mitte und der GLP verlangen, dass die Zulassung von nicht für die EU gebauten Fahrzeugen, insbesondere Elektro-Autos, weiterhin möglich sein soll. Das Parlament kann diese Motion annehmen und damit für offene Märkte und für Deeskalation sorgen oder sie ablehnen, und damit garantiert hohe US-Zölle auf alle anderen Schweizer Produkte riskieren. Ob es das wert ist, muss die Politik entscheiden.
Fazit
Die Schweiz als kleines, offenes Land steht trotz fehlender eigener Zölle mitten im Sturm des internationalen Handelskonflikts. Neuwagenpreise dürften im Markenhandel steigen, während Parallel- und Direktimporte in ihrer Bedeutung zunehmen, weil sie günstiger sind. Wer heute ein Auto kauft, wird sich nicht nur mit der Art des Antriebs, Ausstattung und Marke beschäftigen müssen – sondern neu auch noch mit der globalen Wirtschaftspolitik. Ausschau nach Direktimport-Schnäppchen zu halten, kann sehr lohnenswert werden. Interessant dürfte sein, wie sich in der Schweiz die Preise von Autos aus Herkunftsländern entwickeln, die gegenüber der Schweiz keine Zölle kennen, also europäische Fahrzeuge, Autos aus China oder Südkorea.
コメント