Kunden sauer: Wo bleiben die 1000 Migros Produkte, die günstiger sein sollen als beim Discounter?
- Redaktion soaktuell.ch

- vor 3 Stunden
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Migros-Chef Mario Irminger sagte 2024 in Interviews: "Die Konsumenten kaufen häufiger ein, sie kaufen frischer ein, sie haben aber etwas weniger im Warenkorb." Jetzt zeigt sich langsam, warum das so ist. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten verlagern ihre Wocheneinkäufe zu Lidl und Aldi oder ins grenznahe Ausland und machen im besten Fall noch die Ergänzungskäufe bei der Migros. Sie sind sauer, weil die Migros-Produkte auch Ende 2025 immer noch nicht günstiger sind als beim Discounter.

Migros und Coop sind sogenannte Vollsortimenter, während Aldi und Lidl Discounter sind. Konsumenten, die stark auf den Preis achten, tätigen den wöchentlichen oder monatlichen Grosseinkauf (lange haltbare Grundnahrungsmittel, Putzmittel, Waschmittel, Drogerieartikel etc.) zunehmend bei den Discountern. Dort ist der Basis-Warenkorb nach wie vor deutlich günstiger.
Die Migros-Filialen sind jedoch oft zentraler gelegen, haben Stärken beim Sortiment an frischen Produkten (Obst, Gemüse, Backwaren, Convenience Food) und sie bieten die gewohnten Markenartikel und Spezialitäten an, mit denen viele Schweizerinnen und Schweizer aufgewachsen sind. Die Kunden kommen dann häufiger (hohe Frequenz) in die Migros, um die nötigsten Dinge, frische Produkte oder Artikel für den täglichen Bedarf zu kaufen, die sie beim wöchentlichen Grosseinkauf bei den günstigeren Lidl oder Aldi vergessen haben oder die sie ganz explizit haben wollen.
Die steigenden Lebenshaltungskosten in der Schweiz (Krankenkassenprämien, Mieten, Energie, Ferien, Restaurantbesuche, Autokosten usw.) führen dazu, dass das Budget für Lebensmittel knapper wird. Die Menschen behalten die Kontrolle über ihr Budget, indem sie dort, wo es möglich ist, die Ausgaben reduzieren. Die Kunden reagieren sehr schnell auf Preissignale und kaufen vermehrt Aktionsware oder Eigenmarken (wie M-Budget oder Prix Garantie), was den Durchschnittswert des Warenkorbs drückt. Oder, sie kaufen hautsächlich dort ein, wo es dauerhaft günstiger ist als bei Migros und Coop, nämlich bei Lidl und Aldi.
Auch Einkaufstourismus profitiert
Satte 9,2 Milliarden Franken flossen 2025 aber auch ins Ausland ab für Einkäufe von Herr und Frau Schweizer. Das ist auch kein Wunder, denn wie eine aktuelle Untersuchung der Uni St. Gallen zeigt, spart man mit Einkäufen im Ausland durchschnittlich gewaltige 40% und bekommt beim nächsten Einkauf die Mehrwertsteuer dieses Einkaufs sogar zurück (da kommt man bestimmt wieder). Kommt hinzu, dass Schweizerinnen und Schweizer wegen des sinkenden Euro-Kurses immer mehr für ihr Geld erhalten und Parkieren in Einkaufszentren ennet der Grenze oftmals gratis ist.
Auch die Senkung der Zollfreigrenze von 300 auf nur noch 150 Franken pro Person hat den Einkaufstourismus beflügelt, indem heute ganz einfach mehr Leute häufiger nach Deutschland fahren und die Freigrenze ausreizen. Durch die Senkung der Zollfreigrenze sind noch mehr Menschen auf den Geschmack des Einkaufstourismus gekommen. Dieser Entscheid war buchstäblich ein ökologischer und wirtschaftlicher Rohrkrepierer aus Bundesbern und zeigt, wie weit weg jene, die unsere Gesetze machen, vom Volk oder wie abhängig sie von den Lobbyisten in Bundesbern geworden sind. Gerade Migros und Coop unternehmen hinter den Kulissen politisch viel, um den Einkaufstourismus zu bekämpfen. Ihre Lobbyisten bewirken damit aber genau das Gegenteil.
Wunsch nach Frische
Ein häufigerer Einkauf hängt auch mit einem stärkeren Fokus auf Frische zusammen. Anstatt Frischeprodukte für eine ganze Woche vorzukaufen, gehen die Konsumentinnen und Konsumenten wie früher zu Zeiten von "Tante Emmas Lädeli" alle paar Tage in die Migros Filiale, um wirklich frisches Brot oder frische Milch zu holen. Da die Migros in der Regel ein sehr gutes Frische-Sortiment sowie ein dichteres Filial-Netz hat und viele Läden zentraler gelegen sind, profitieren sie von dieser höheren Frequenz - aber halt nicht von mehr Umsatz.
Reaktion der Migros
Die Migros hat auf diese Entwicklung reagiert, indem sie massiv in eine Tiefpreis-Strategie investiert (über 1000 Produkte sollen günstiger werden), um den Kunden den Grund zu nehmen, für den Grosseinkauf zu den Discountern zu wechseln: "Es soll keinen Grund mehr geben, zum Discounter zu gehen," so der Chef der Migros Supermarkt AG. Doch diese Strategie scheint zu scheitern. Denn Lidl und Aldi geben weiterhin den Takt vor bei den Preissenkungen, wie kürzlich etwa bei den Brotpreisen. Migros, Coop und Denner können im besten Fall nachziehen. Fakt ist: Es gibt keine 1000 Produkte bei Migros, die günstiger sind als bei Aldi oder Lidl. Wer einmal bei Lidl oder Aldi einkauft, merkt sofort, dass der Einkauf markant günstiger ist also bei Migros. Das Versprechen ist nicht umgesetzt und genau das macht die Schweizerinnen und Schweizer im Jahr 2025 stinkesauer.
Grosse Rabattaktion bedeutet bei Migros nicht unbedingt billiger
Die Konsumentinnen und Konsumenten fallen nicht mehr so schnell auf Rabattaktionen herein, sondern vergleichen auch hier die Preise online. Ein aktuelles Beispiel: Jetzt macht Migros wieder grosse Werbung für die 30%-Aktion bei Spielsachen. Doch Vorsicht: Ein kurzer Blick auf die Konkurrenz zeigt, dass diese die gleichen Spielsachen schon ohne Rabatte fast zum gleichen Preis anbietet, wie Migros mit Rabattaktion. Das heisst zuerst mal nichts anderes, als Migros verkauft die Spielsachen ausserhalb der Rabattaktion viel zu teuer.
Beispielsweise das Lego-Set Ninjago Dragons Rising wird von Migros mit 30% Rabatt für CHF 48.97 angeboten. Klingt gut. Doch bei brack.ch erhält man das gleiche Lego-Pack dauerhaft für CHF 52.65. Na also, dann ist Migros ja günstiger, werden Sie sagen. Falsch: Bei brack.ch bekommt man das Lego-Pack versandkostenfrei. Bei Migros kommen noch Lieferkosten und Lieferkostenzuschläge hinzu, womit Migros trotz 30%-Aktion letztlich wieder teurer ist. Solche Beispiele gibt es reihenweise, was immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten nachhaltig verunsichert.
Fazit:
Die steigende Frequenz bei gleichzeitig sinkendem Warenkorb ist ein typisches Zeichen dafür, dass sich die Kundinnen und Kunden langsam von der Migros abwenden. Die Migros-Kunden geben zwar ihre Markentreue nicht komplett auf, aber ihre budgetrelevanten Grosseinkäufe machen sie wegen des Preisdrucks vermehrt bei der dauerhaft günstigeren Konkurrenz. Die Migros wird dadurch stärker zu einem Anlaufpunkt für den Zwischen- und Frischeeinkauf.




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