Zertifikatspflicht ausgedehnt: Wird auch gegen Zertifikat-Fälscher vorgegangen?
Ab Montag, 13. September 2021, gilt im Innern von Restaurants, von Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie an Veranstaltungen in Innenräumen eine Zertifikatspflicht. Das Zertifikat darf auch von Arbeitgebern im Rahmen von Schutzmassnahmen genutzt werden. Dies hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 8. September entschieden. Damit reagiert er auf die anhaltend angespannte Lage in den Spitälern. Die Massnahme ist bis am 24. Januar 2022 befristet.
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Die Lage in den Spitälern bleibt angespannt, die Intensivstationen sind sehr stark ausgelastet. In einigen Kantonen werden Operationen verschoben und verschiedentlich werden auch Patientinnen und Patienten in andere Spitäler verlegt. Ein rascher Anstieg der Hospitalisationen und damit eine Überlastung der Spitäler kann aufgrund der kühler werdenden Temperaturen im Herbst nicht ausgeschlossen werden. Die Zahl der Ansteckungen ist weiterhin hoch und in den letzten Tagen zeichnete sich eine leichte Zunahme der Viruszirkulation ab.
Der Anteil der nichtimmunen Bevölkerung ist zudem weiterhin zu gross, um eine weitere starke Infektionswelle zu verhindern. Obwohl das Interesse an der Impfung etwas zugenommen hat, ist die Impfgeschwindigkeit nach wie vor tief. Die Impfung schützt gut, sowohl vor einer Ansteckung als auch vor einer schweren Erkrankung. Zudem stecken erkrankte Geimpfte viel weniger häufig andere an.
Befristete Ausweitung der Zertifikatspflicht
Auf der Basis dieser Gesamtsicht hat der Bundesrat entschieden, die Zertifikatspflicht für Personen ab 16 Jahren auszuweiten. So soll eine Überlastung der Spitäler verhindert werden. Bis sich diese Massnahme auf die Situation in den Spitälern auswirkt, dauert es zwei bis drei Wochen. Die ausgedehnte Zertifikatspflicht ist bis am 24. Januar 2022 befristet. Der Bundesrat kann die Massnahme auch früher wieder aufheben, sollte sich die Situation in den Spitälern entspannen.
Dank Zertifikat Schliessungen verhindern
Das Zertifikat steht allen offen und hat sich bereits für Discos und Grossveranstaltungen bewährt. Es ermöglicht Veranstaltungen und Aktivitäten, die ohne Zertifikat zu gefährlich wären. Das Zertifikat dokumentiert eine Covid-19-Impfung, eine durchgemachte Erkrankung oder ein negatives Testergebnis. Weil damit nur noch Personen zusammentreffen, die nicht ansteckend sind oder ein geringes Risiko aufweisen, ansteckend zu sein, wird das Übertragungsrisiko stark reduziert. Das Zertifikat erlaubt es, Massnahmen gegen die Ausbreitung des Virus zu ergreifen, ohne gleich Einrichtungen zu schliessen oder bestimmte Aktivitäten zu verbieten. An Veranstaltungen mit Zertifikatspflicht entfallen zudem alle anderen Schutzmassnahmen, wie die Maskenpflicht.
Zertifikatspflicht für Innenräume
Im Innern von Restaurants und Bars gilt ab Montag, 13. September, eine Zertifikatspflicht. Auf Terrassen hingegen ist kein Zertifikat nötig, ebenso nicht in Gassenküchen und Restaurationsbetrieben in Transitbereichen von Flughäfen. Auch der Zugang zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie Museen, Bibliotheken, Zoos, Fitnesscenter, Kletterhallen, Hallenbäder, Aquaparks, Billardhallen oder Casinos wird auf Personen mit einem Zertifikat eingeschränkt.
Zertifikatspflicht für Veranstaltungen im Innern
An Veranstaltungen in Innenräumen gilt ebenfalls eine Zertifikatspflicht (Konzerte, Theater, Kino, Sportveranstaltungen, Privatanlässe wie Hochzeiten in öffentlich zugänglichen Lokalen). Aus Gründen des Grundrechtsschutzes ausgenommen sind religiöse Veranstaltungen sowie Anlässe zur politischen Meinungsbildung bis maximal 50 Personen. Ausgenommen sind zudem Selbsthilfegruppen. Bei Veranstaltungen im Freien gelten die bisherigen Regeln: Für Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen besteht eine Covid-Zertifikatspflicht, kleinere Veranstaltungen im Freien können entscheiden, ob der Zugang auf Personen mit Zertifikat eingeschränkt wird.
Zertifikatspflicht für sportliche und kulturelle Aktivitäten
Auch bei sportlichen und kulturellen Aktivitäten in Innenräumen wie Trainings oder Musik- und Theaterproben wird der Zugang auf Personen mit Covid-Zertifikat eingeschränkt. Diese Beschränkung gilt nicht für beständige Gruppen von maximal 30 Personen, die in abgetrennten Räumlichkeiten regelmässig zusammen trainieren oder proben.
Sanktionen für Nichtbeachten der Zertifikatspflicht
Gäste ohne Zertifikat in Einrichtungen oder an Veranstaltungen mit Zertifikatspflicht können mit 100 Franken gebüsst werden (Anm.: Das gilt auch für die gefälschten Zertifikate, die im Umlauf sind). Einrichtungen und Veranstaltungen, welche die Zertifikatspflicht nicht beachten, droht eine Busse bis hin zur Schliessung der Betriebe. Für die Kontrolle sind die Kantone zuständig.
Zertifikat darf im Arbeitsbereich genutzt werden
Arbeitgeber dürfen das Vorliegen eines Zertifikats bei ihren Arbeitnehmenden nur dann überprüfen, wenn es dazu dient, angemessene Schutzmassnahmen festzulegen oder Testkonzepte umzusetzen. Die Information über den Immunitätsstatus oder das Testergebnis dürfen ausserdem für keine weiteren Zwecke verwendet werden. Falls ein Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmenden einen Test verlangt, muss er die Kosten dafür selber tragen. Nur wenn der Test im Rahmen der repetitiven Tests im Betrieb erfolgt, übernimmt der Bund die Kosten. Die Verwendung des Zertifikats sowie die daraus abgeleiteten Massnahmen müssen bei den Arbeitnehmenden konsultiert und schriftlich dokumentiert werden. Der Arbeitgeber muss aus Datenschutzgründen, wenn immer möglich, das datenarme «Zertifikat light» verwenden.
Zertifikatspflicht an Hochschulen möglich
Die Kantone oder die Hochschulen können eine Zertifikatspflicht für den Studienbetrieb auf Bachelor- und Masterstufe vorschreiben. In diesem Fall entfallen die Maskenpflicht und die Beschränkung der Belegung auf zwei Drittel. Für sonstige Veranstaltungen an Hochschulen wie Weiterbildungen gelten weiterhin die Veranstaltungsregeln.
Änderungen nach der Konsultation
Die Ausweitung der Zertifikatspflicht ist in der Konsultation grossmehrheitlich positiv aufgenommen worden. Der Bundesrat hat im Vergleich zur Konsultation Änderungen vorgenommen, etwa die Ausnahme für Gassenküchen und Restaurants in Transitzonen, die Möglichkeit einer Ordnungsbusse, die Ausdehnung auf 50 Personen für religiöse Veranstaltungen sowie die Konsultations- und Dokumentationspflicht im Arbeitsbereich.
Neue Einreisebestimmungen: Infizierte rasch identifizieren und isolieren
Der Bundesrat hat sich an seiner Sitzung auch mit den Einreisebestimmungen befasst. Im Hinblick auf die Herbstferien soll ein wirksames Einreiseregime etabliert werden. Ziel ist, Personen, die sich mit dem Virus angesteckt haben, rasch zu identifizieren und zu isolieren. Der Bundesrat gibt zwei Varianten in Konsultation. Sie berücksichtigen, dass die erwachsene Bevölkerung die Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen, und integriert das Covid-Zertifikat als international anerkanntes Dokument.
Zwei Varianten in Konsultation
Variante 1 setzt auf die wiederholte Testung von nicht-genesenen und nicht-geimpften Einreisenden. Sie sollen einen negativen Test bei der Einreise vorweisen müssen, egal woher sie kommen. Nach vier bis maximal sieben Tagen in der Schweiz soll ein weiterer, in der Schweiz durchgeführter Test verlangt werden. Das Resultat dieses zweiten Tests muss dem Kanton übermittelt werden. Beide Tests sind kostenpflichtig.
Variante 2 sieht ebenfalls vor, dass nicht-geimpfte und nicht-genesene Personen bei der Einreise ein negatives Testresultat vorweisen müssen. Anstelle eines zweiten Tests müssen diese Personen nach ihrer Einreise für zehn Tage in Quarantäne. Die Eingereisten können die Quarantäne nach sieben Tagen mit einem negativen Testergebnis aufheben.
Für beide Varianten gilt: Einreisenden müssen das elektronische Einreiseformular (Passenger Locator Form) ausfüllen und die Regeln gelten für alle Arten von Einreisen (Zu Fuss, Velo, Flugzeug, Bahn, Schiff, Bus und Auto). Die bestehenden Kontrollen sollen verschärft und nötigenfalls Bussen ausgesprochen werden. Von den Anpassungen ausgenommen sind unter anderem Grenzgängerinnen und Grenzgänger, Kinder unter 16 Jahren, Passagiere auf der Durchreise oder Gütertransporte durch die Schweiz.
Die Konsultation dauert bis am 14. September 2021. Der Bundesrat entscheidet voraussichtlich am 17. September über die Vorlage. Eine Inkraftsetzung ist per 20. September vorgesehen.
Länderliste für grenzsanitarische Massnahmen nicht mehr geeignet
Die vom Bundesamt für Gesundheit früher angewendete Liste mit Staaten, in denen besorgniserregende Virusvarianten kursieren, ist heute ungeeignet. Die hochansteckende Delta-Variante hat dazu geführt, dass in vielen Ländern die Fallzahlen innert weniger Tage massiv gestiegen sind. Diese Dynamik kann einer solchen Liste nicht erfasst werden. Zudem bietet der Verzicht auf stetige Anpassungen der Liste der Reisebranche eine gewisse Planbarkeit. Hingegen besteht weiterhin die Liste mit Risikoländern des Staatssekretariats für Migration (SEM), mit der geregelt wird, aus welchem Land man in die Schweiz einreisen darf.
Covid-Zertifikat für im Ausland geimpfte Personen
Der Bundesrat hat sich auch mit dem Covid-Zertifikat für im Ausland geimpfte Personen befasst. Derzeit sind nur die Zertifikate der am EU Digital Covid Certificate angeschlossenen Länder mit dem Schweizer System technisch kompatibel. Neu sollen alle Personen, die mit einem von der European Medicines Agency (EMA) zugelassenen Impfstoff im Ausland geimpft sind und die in der Schweiz Wohnsitz haben oder in die Schweiz einreisen, ein Schweizer Covid-Zertifikat erlangen können. Wie im angrenzenden Ausland soll der Zugang zum Zertifikat nicht auf sämtliche WHO-Impfstoffe ausgedehnt werden. Jeder Kanton muss eine Kontaktstelle definieren, an die sich im Ausland geimpfte Personen wenden können. Sämtliche kantonalen Kontaktstellen sollen auf einer Webseite des Bundes aufgeführt werden. Der Vorschlag des Bundesrats geht nun bis am 14. September in Konsultation.
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