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Mehrheit will Einheitskasse, wenn Prämien dadurch mindestens 10 Prozent sinken

Das Volk hat offensichtlich die Nase voll von der erfolglosen Krankenkassenpolitik in Bundesbern. Die Stimmung hat komplett gedreht. Heute befürworten 71 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer eine Einheitskasse für die Grundversicherung – allerdings nicht um jeden Preis. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von Comparis.ch.


comparis.ch AG / Redaktion



Befürwortet wird eine Einheitskasse, aber nur, wenn die monatlichen Prämien mindestens 40 Franken sinken würden – also um gut 10 Prozent. «5 Prozent der Prämien sind Verwaltungskosten der Krankenkassen. Selbst wenn die Einheitskasse gratis arbeitete, würde das 10-Prozent-Ziel bei weitem nicht erreicht», warnt Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly. Eine echte Kostenstabilisierung sei nur durch Verzicht zu erreichen.


Bisher sind alle Abstimmungen zur Einführung einer Einheitskasse gescheitert. Doch jetzt hat sich die Stimmung aufgrund von rasant steigenden Krankenkassenprämien und einer anziehenden Inflation gedreht. Heute würden 71 Prozent der Erwachsenen im Land eine Einheitskasse befürworten. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Onlinevergleichsdienstes Comparis.


Besonders hoch ist die Befürworterquote bei den über 55-Jährigen mit 78 Prozent (gegenüber 71 Prozent bei den 36- bis 55-Jährigen und 65 Prozent bei den jungen Erwachsenen).


Sparpotenzial viel geringer als erwartet

Die Befürworter einer Einheitskasse erwarten hauptsächlich günstigere Grundversicherungsprämien. «Allerdings würde ein schwächerer Anstieg der Gesundheitskosten nicht genügen, damit die Prämien sinken», glaubt Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly.


Drei Viertel der Einheitskassenbefürworter erwarten mindestens 40 Franken tiefere Prämien pro Monat, damit sich eine Einheitskasse aus ihrer Sicht lohnen würde. Das entspricht einer durchschnittlichen Prämien- und Kostenreduktion von gut 10 Prozent.


«5 Prozent der Prämien sind Verwaltungskosten der Krankenkassen. Selbst wenn die Einheitskasse gratis arbeitete, würde das 10-Prozent-Ziel bei weitem nicht erreicht», warnt Schneuwly. Für ihn ist es allerdings keine Überraschung, dass viele Versicherte die Krankenkassen für die stetig steigenden Kosten an den Pranger stellen: «Schliesslich verlangen die Kassen jedes Jahr höhere Prämien.»


Es sei eine Illusion, den Wohlstand steigern und die Gesundheitsausgaben senken zu wollen. «So wird etwa im staatlichen britischen Gesundheitswesen hart rationiert. Und trotzdem ist in Grossbritannien der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP) wegen des schwachen Wirtschaftswachstums mittlerweile höher als in der Schweiz», stellt der Experte fest.


Auch die Suva ist keine Einheitskasse

Dass die Einheitskasse bei der Grundversicherung ein bisher nicht dagewesenes Experiment wäre, ist zudem nur den wenigsten Befragten bewusst. Tatsächlich gibt es selbst bei der – häufig als Vorbild herangezogenen – Unfallversicherung mehr als 20 Anbieter und nicht bloss die Suva.


Zwar glauben 13 Prozent der Befragten zu wissen, wie viele Unfallversicherungen es in der Schweiz gibt. Doch hat mehr als die Hälfte dieser Gruppe eine falsche Antwort gegeben.


«Auch der oft erwähnte Vergleich mit der Suva hinkt mehrfach: Erstens ist die Suva keine Einheitskasse, sondern bloss ein Teilmonopol. Zweitens sind die Verwaltungskosten der Suva höher als die der Krankenkassen. Drittens ist man nur bis zur Pensionierung gegen Unfallfolgen bei der Suva versichert, danach bei den Krankenkassen», so Schneuwly.


Keine Kostensenkung ohne Verzicht

«Im Gesundheitswesen ist es wie in der Altersvorsorge», beobachtet der Comparis-Experte. «Die meisten von uns wollen immer mehr. Bezahlen sollen aber andere. Es ist verlockend, die Schuld für die steigenden Kosten und Prämien den Chefs der Spitäler, Krankenkassen oder der Pharmaindustrie zu geben, aber gleichzeitig zu verlangen, dass immer mehr und immer bessere Medizin weniger kosten soll.»


In den vergangenen Jahren sei aber etwa die Förderung der Hausarzt-, Komplementärmedizin und Pflege in der Bundesverfassung verankert worden. «Wenn wir so weitermachen, werden die Kosten weiter steigen», so Schneuwly. Eine Senkung der Gesundheitskosten lässt sich seines Erachtens nur durch Verzicht erreichen: «Etwa indem Stimmbürgerinnen und -bürger nicht für jedes ineffiziente oder qualitativ schlechte Spital, das zu wenig Patientinnen und Patienten behandelt, einen Millionenkredit oder ein Eigenkapitalzuschuss gewähren.»


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