Was soaktuell.ch schon seit Monaten schreibt, bestätigt sich: Autos schlicht zu teuer
- Redaktion soaktuell.ch
- vor 9 Stunden
- 4 Min. Lesezeit
Im Juni 2025 sind in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein 21'810 neue Personenwagen in Verkehr gesetzt worden. Das sind 3,9 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Die kumulierte Halbjahresbilanz bleibt mit 113'133 Fahrzeugen deutlich unter dem Vorjahresstand von 121'218, was einem Rückgang von 6,7 Prozent entspricht. Auch die Erholung des europäischen Gesamtmarktes vermochte bislang nicht auf die Schweiz abzustrahlen. Das schreibt auto-schweiz, der Verband der Autoimporteure.
auto-schweiz / Redaktion

Die Schweiz wächst. Allein in den letzten fünf Jahren, in denen die Autobranche jährlich rückläufige Verkaufszahlen bekannt gab, ist die Schweizer Bevölkerung um mehr als eine halbe Million Menschen gewachsen. Eigentlich sollten die Autoverkäufe durch die Decke schiessen, doch das Gegenteil ist der Fall. Der tatsächliche Grund, der von der Autolobby verschwiegen wird ist: Die Autos sind in der Schweiz einfach zu teuer. Jeder meint hierzulande, er könne abkassieren wie früher: Die Importeure, die Händler, die Garagisten, die Versicherungen - doch das "Früher" gibts nicht mehr. Die Zeiten haben sich nachhaltig verändert. Solange das die gesamte Autobranche nicht merkt, geht es mit den Autoverkäufen weiter steil bergab. Mittlerweile ist die Schweiz bald der einzige Automarkt Europas mit rückläufigen Zahlen bei Neuwagenverkäufen. Daran ist sicher nicht die Politik schuld.
Positive Impulse liefert nur der batterieelektrische Antrieb: Im Juni wurden 4'813 vollelektrische Neuwagen immatrikuliert, was einem Plus von 14,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Kumuliert ergibt sich mit 23'203 Neuzulassungen ein Zuwachs von 8,5 Prozent gegenüber den ersten sechs Monaten von 2024. Dieser vermag jedoch die insgesamt negative Marktentwicklung nicht aufzufangen.
Europäische Entlastungen auch für Schweizer Markt ins Auge fassen
Die Europäische Union hat zuletzt entscheidende Schritte unternommen, um ihre Automobilwirtschaft mit einer Flexibilisierung der CO2-Zielwerte zu entlasten und die Marktentwicklung zu stärken. Dessen Berücksichtigung steht in der Schweiz noch aus. So erlaubt die EU eine mittelfristige Durchschnittsbildung der Emissionen über drei Jahre hinweg, was den Akteuren Erleichterungen und Planungssicherheit bietet sowie eine sanktionsfreie CO2-Zielerreichung ermöglichen soll. Angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage der Schweizer Automobilbranche fordert auto-schweiz ein selbiges Entgegenkommen auch auf dem Schweizer Markt anzuwenden. Dies zumal das Parlament sich bei der Beratung des CO2-Gesetzes explizit gegen einen "Swiss Finish" ausgesprochen hat.
Europäisches Umland profitiert von neuer marktrealistischerer Regulierung
Im europäischen Umland wachsen mittlerweile die Neuimmatrikulationen. So ist die EU als Ganzes, aber auch unsere Nachbarländer Deutschland und Italien, näher am Vor-Pandemie-Niveau als die Schweiz. In Polen ist der Automarkt bereits wieder grösser. In der Schweiz ist die Situation gegenteilig. Der hiesige Gesamtmarkt erholt sich nicht, sondern schwindet weiter. Mario Bonato, Ökonom von auto-schweiz, sagt: "Die europäischen Partner verfolgen mit dem "Aktionsplan für die Automobilindustrie" einen marktrealistischen Ansatz, um die Branche und den Wirtschafts- und Werkplatz Europa gesamthaft zu stärken. Solch starke Signale braucht es nun auch in der Schweiz."
Einzelne Lichtblicke
Ein positives Signal aus der Politik kam mit der jüngsten Annahme des "Rechts auf Laden" des Parlaments. Der Steckeranteil liegt bei 30,5 Prozent. Um die anspruchsvollen Ziele der CO2-Gesetzgebung zu erreichen, braucht es jedoch noch mehr. Thomas Rücker, Direktor von auto-schweiz, führt aus: "Die Schweiz steht autowirtschaftlich im Schatten einer ganzen Reihe europäischer Länder, die weitaus wirksamere Instrumente für eine nachhaltige Mobilitätswende einsetzen. Wir brauchen wirtschaftsfreundliche Massnahmen, die entsprechende Anreize setzen - das betrifft etwa die privaten Stromkosten und der weitere Ausbau von Ladeinfrastruktur nebst steuerlich besseren Rahmenbedingungen."
CO2-Diskussion lenkt bloss von zu hohen Kosten ab
In der Realität sind die CO2-Vorgaben in der Schweiz den meisten Kundinnen und Kunden egal. Entscheidend ist letztlich der Preis der Fahrzeuge. Und der wird von einer wesentlich breiteren Kostenstruktur bestimmt. Der Preis des Herstellers, des Importeurs, der Händler, Lohnkosten, Marketingkosten, Mieten für Flächen, Hypotheken, administrative Aufwände und Verkaufsmassnahmen sowie Gewinnmargen beeinflussen den Preis mehr als irgendwelche CO2-Abgaben. Doch die Autolobby jammert bloss wegen dem angeblichen politischen Korsett. Dabei ist der grösste Teil der Kosten eines Autos hausgemacht, also von der Autobranche selber verursacht.
Die Branche jammert gerne
Die Autoverkäufer haben schon vor dreissig Jahren darüber geklagt, wie tief die Margen seien. Das ist also nichts neues. Wenn die Margen der Autoverkäufer wirklich zu klein sind, werden diese von den Autoherstellern und Importeuren schlicht und einfach abgezockt. Einfach weiter machen wie bisher, ist keine nachhaltige Lösung für Autoverkäufer. Wenns bei der Marke nicht mehr klappt, muss man diese eben wechseln. Und wenn es beim Import zu teuer wird, sollte man diesen eventuell selber in die Hände nehmen.
Auch bei Elektroautos macht die gesamte Autobranche einen Überlegungsfehler: Wer ein E-Auto kauft, bezahlt ganz sicher nicht mehr dafür, als für einen gleichwertigen Verbrenner. Das ist mal ein Grundsatz. Hinzu kommt, dass beim E-Auto kommt meist noch die Anschaffung einer Ladestation zuhause hinzu kommt (Kostenpunkt mit Montage ca. 2500 Franken). Beim Verbrenner hätte man diese 2500 Franken Ausgaben schon mal nicht. Eigentlich sollte die Autobranche die Kosten für die Beschaffung und Montage der Wallbox übernehmen, wenn jemand ein E-Auto kauft. Macht man einem Autoverkäufer diesen Vorschlag, wird man ausgelacht. Die Folge: Die Käuferinnen und Käufer entscheiden sich lieber für einen Vollhybrid, der locker eine Reichweite von 1000 Kilometer schafft, ohne Ladestation und ohne sich vom Auto aufzwingen zu lassen, wann man wo man "einen Kaffee trinken" muss, weil das E-Auto gerade geladen werden muss.
Kurz: Beachtet man alle Kosten (also die Investition für ein Auto oder das Leasing, die Versicherung, die Stromkosten oder Spritpreise, die Verkehrssteuer und die Reparatur- oder Servicekosten in Garagen, kommt ein Auto heute viel zu teuer zu stehen - gerade Familienautos, die meistens etwas grösser sein müssen. Alle Autos sind in der Schweiz schlicht zu teuer, Verbrenner wie E-Autos. Die Grenzen des Hochlohnlandes Schweiz sind überschritten. Das Auto wurden vom Allgemeingut zu einem Luxusgut und entsprechend brechen die Zahlen ein. Daran ist aber nicht die Politik schuld, sondern die gesamte Branche selber.