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Tornado oder Downburst in La Chaux-de-Fonds?

Heute Montag um die Mittagszeit kam es in La Chaux-de-Fonds im Zusammenhang mit einem Superzellengewitter zu einer Rekordböe von 217.4 km/h. Sollte sich dieser Wert bestätigen, dann wäre es die schweizweit stärkste Böe im Zusammenhang mit einem Gewitter. Doch wie kam diese extreme Böe zustande?


Michael Eichmann / MeteoNews

Screenshot La Chaux-de-Fonds am 24.07.23 um 11.59 Uhr (zVg. MeteoNews.ch)


Ein Superzellengewitter ist heute Mittag von Frankreich her über den Jura gezogen. Um kurz vor halb 12 Uhr kam es in diesem Zusammenhang an der Messstation La-Chaux-de-Fonds zu einer extremen Windböe von 217.4 km/h. Dieser Wert ist zwar erst vorläufig, sollte er sich aber bestätigen, dann würde es sich um die schweizweit stärkste gemessene Gewitterböe handeln.


Stärkere Windböen wurden im Schweizer Messnetz erst an sechs anderen Stationen gemessen, es handelt sich hier aber ausschliesslich um exponierte Bergstationen (mehr dazu weiter unten). Wie genau diese potentielle Rekordböe zustande gekommen ist, ist derzeit noch nicht vollständig geklärt. Die zwei wahrscheinlichsten Erklärungen werden nachfolgende kurz erläutert:


Downburst

Die nach aktuellem Kenntnisstand wahrscheinlichste Erklärung für diese Windböe ist ein Downburst. Mit dem Begriff ist eine schwere Fallböe gemeint, welche im Vorfeld eines Superzellengewitters auftreten kann. Damit solche Fallwinde entstehen können ist eine etwas trockenere Schicht in mittleren Wolkenschichten erforderlich. In dieser Zwischenschicht verdunstet der von weiter oben herabfallende Niederschlag. Beim Verdunstungsprozess wird latente (fühlbare) Wärme für den Phasenwechsel von der flüssigen in die gasförmige Phase gebraucht und entzogen. Die Luft kühlt sich ab, verdichtet sich und beschleunigt den durch die fallenden Tropfen ausgelösten Fallwind weiter. Dieser Effekt kann durch schmelzenden Hagel weiter verstärkt werden, denn auch von der festen in die flüssige Phase wird viel Energie der Umgebung entzogen.


Gemäss Definition wird von einem Downburst gesprochen, sobald die Böen einen Wert von 119 km/h und grösser aufweisen. Dies entspricht ebenfalls dem oberen Ende der Beaufort-Skala oder der Definition einer Orkanböe.


Tornado

Auch ein Tornado ist nicht ausgeschlossen, allerdings ist dieses Szenario weniger wahrscheinlich als ein Downburst. Auch Tornados entstehen oftmals bei sogenannten Superzellen. Damit Superzellen entstehen können sind nebst genügend Feuchtigkeit, einem Auslösungsmechanismus auch scherende Winde notwendig. Der Fachbegriff der Windscherung meint die unterschiedlichen Windrichtungen und -geschwindigkeiten in unterschiedlichen Höhenstufen der Atmosphäre. Dabei kommt es zu einem rotierenden Gewittersystem (Superzelle) und in gewissen, in der Schweiz allerdings äusserst seltenen, Fällen zur Bildung von Tornados.


Schadensbild

Typischerweise zeigt ein Downburst ein flächiges Schadensbild, zum Beispiel in Wäldern, wobei die Bruchrichtung oftmals auf die gleiche Seite oder leicht fächerförmig angeordnet ist. Leichte Abweichungen sind besonders durch die Topographie oder durch Verwirbelungen zu erklären. Bei Tornados ist die schneisenförmige Verwüstung charakteristisch, wobei die Zerstörung durch den rotierenden Charakter des Tornados aus unterschiedlichen Richtungen geschieht.

Abschliessende Bilanz

Für eine abschliessende Bilanz und Zuordnung des Extremereignisses müssen in den kommenden Tagen also einerseits das Schadensmuster untersucht werden, aber auch Radar- und Messdaten ausgewertet und verifiziert werden. Mit dem sogenannten Doppler-Radar ist es nämlich möglich typische Tornadosignaturen zu erkennen, sollten diese fehlen scheint ein Tornado eher nicht der richtige Erklärungsansatz zu sein.


Windrekorde in der Schweiz

Werden die 217.4 km/h bestätigt, dann würde die bisherige Gewitterrekordböe von Glarus deutlich übertroffen. Der bisherige Stationsrekord in La Chaux-de-Fonds liegt übrigens bei 134 km/h und stammt vom 26.12.1999 (Orkan Lothar).

  • Grosser St. Bernhard, 268.2 km/h (2472 m)

  • Jungfraujoch, 267.5 km/h (3571 m)

  • Weissfluhjoch, 232.2 km/h (2691 m)

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