Wegen Migros und Co. nimmt Einkaufstourismus wieder zu
Seit der Corona-Zeit, in welcher der Einkaufstourismus stark rückläufig war, hat sich dieser kaum mehr erholt. Es schien, als ob Familie Schweizer völlig auf schweizerische Einkaufsquellen oder auf Shopping im Internet umgestiegen war. Doch jetzt dreht der Wind. Ein Stück weit tragen Migros, Coop und Co. selber die Schuld dafür.
Einkaufszentrum "Rhein Center" in Weil am Rhein (Bild: soaktuell.ch) profitiert von Preiserhöhungen in der Schweiz und der Fixierung auf Bio-Produkte bei Migros, Coop, Lidl Schweiz usw.
Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind viele Produkte in den Läden teilweise massiv teurer geworden, vor allem in Deutschland. Die Differenz zu den Schweizer Preisen sank. Das machte Einkaufen in Deutschland für viele Schweizerinnen und Schweizer unattraktiv. Der Einkaufstourismus in Weil am Rhein, Lörrach, im deutschen Rheinfelden oder in Konstanz brach zusammen. Es gab dazu zahlreiche Berichte in süddeutschen Medien. Politik und Gewerbe im grenznahen Raum Deutschlands machten sich grosse Sorgen. Doch seit ein paar Wochen erholt sich die Lage rasant, sprich: Die Schweizerinnen und Schweizer kommen zurück.
Der Einkaufstourismus nimmt sprunghaft wieder zu. Die Parkhäuser ennet der Grenze sind offensichtlich wieder besser gefüllt, die Schlangen an den Kassen werden länger. Die Situation bessert sich aus deutscher Sicht fast Wochenende um Wochenende.
Der Grund dafür dürften die andauernden Preiserhöhungen in der Schweiz sein. Obwohl die Energiepreise markant gesunken sind, erhöhten Migros, Denner und Co. dauernd Preise für wichtige Produkte. Es entsteht bei vielen Menschen in der Schweiz gerade der Eindruck von Gewinnoptimierung. Das kommt schlecht an. Zudem wird so die Differenz zu den Preisen vergleichbarer Produkte in Deutschland natürlich wieder grösser.
Hinzu kommt, dass in der Schweiz teure Bio-Produkte zahlreiche günstige Standard-Produkte aus den Regalen verdrängen, obwohl der Marktanteil von Bio im Jahr 2022 nur gerade bei 11,2 Prozent lag. Anders formuliert: 88 Prozent der Kunden wünschten sich eigentlich die nun verdrängten Standard-Produkte.
Wie die "Sonntagszeitung" berichtet hat, weitet die Migros ihr Bio-Sortiment mit über 5000 Produkten laufend aus. Auch Lidl hat angekündigt, das Angebot an Bio-Produkten auszubauen. Da der Platz in den Shops aber beschränkt ist, müssen konventionelle Produkte weichen. Das sorgte jüngst auf dem sozialen Netzwerk Migipedia der Migros für Diskussionen unter den Kunden. Für Unmut sorgte, dass das M-Classic-Bananenquark aus dem Sortiment gekippt wurde und nur noch Bio-Bananen-Quark angeboten wird. Und für letzteres müssen die Konsumentinnen und Konsumenten 46 Prozent mehr bezahlen.
Nicht alle können oder wollen sich die teureren Preise leisten. Nicht alle wollen "Bio". Viele möchten vor allem "günstig". Die Reaktion der Migros auf den Ärger: «Es ist uns wichtig, dass wir in jedem Sortimentsbereich auch Bioartikel zum Verkauf anbieten», schreibt sie auf Migipedia-Seite dazu. «Die Regalplätze lassen es jedoch nicht zu, dass wir jeden Artikel doppelt führen – also in Standard und Bioqualität.» Kurz: Die günstigeren Standard-Produkte fliegen raus.
So wird der Einkauf in Deutschland natürlich wieder höchst attraktiv, wo es jedes Produkt sogar von verschiedenen Herstellern und Anbietern in den Regalen zu finden gibt - und das fast immer günstiger als in der Schweiz. Der Gang über die Grenze wird bei immer mehr Schweizerinnen und Schweizer wieder fester Bestandteil in der Agenda.
Einkaufstourismus ist selbstverschuldet
Migros, Coop, Denner und Co. treiben die Schweizer Kundschaft buchstäblich wieder in den Einkaufstourismus. Und zwar in rauen Mengen. Ein grosser Fehler, wie sich in wenigen Monaten zeigen wird. Dann werden Wirtschaft und Gewerbe in der Schweiz wieder über den hohen Anteil des Einkaufstourismus jammern und bei der Politik Massnahmen einfordern. Dabei ist die Verdrängung eines grossen Teils der Kundschaft hausgemacht und selbstverschuldet, wie man derzeit unschwer beobachten kann. Aus lauter Gier machen die Schweizer Händler das wieder kaputt, was ihnen während Corona gelungen ist, nämlich die Rückgewinnung der Einkaufstouristen.
Konsumentenschutz findet Preisaufschläge zu hoch
Dass in der Schweiz günstigere Produkte aus den Regalen verdrängt werden, stört auch die Stiftung für Konsumentenschutz. Der Preisaufschlag für Bio-Produkte sei bei den Grossverteilern zu hoch und nicht nachvollziehbar, kritisiert Geschäftsleiterin Sara Stalder auf "Blick online". «Für den Konsumentenschutz ist es heute deshalb weiterhin wichtig, dass es eine Wahlmöglichkeit gibt.»
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