150 Franken Zollfreigrenze führt sogar zu mehr Einkaufstourismus
- Admin
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Anfang Jahr hat der Bund die Zollfreigrenze von 300 Franken auf 150 Franken pro Person gesenkt. Jede Person, die im Ausland einkauft, darf also Waren im Wert von bis zu 150 Franken ohne Verzollung in die Schweiz einführen. Das politische Ziel war, den Einkauf im Ausland unattraktiver zu machen und die Mehrwertsteuer-Einnahmen zu erhöhen. Der zweite Teil wird gelingen, der erste nicht. Der Einkaufstourismus boomt.

Was ist passiert? Den Freibetrag auf 150 Franken pro Person zu senken und zu meinen, der Einkaufstourismus würde sinken, war ein gutes Beispiel für Politik, die an den Menschen und der Realität vorbei gemacht wurde. Es war absehbar, dass diese Rechnung nicht aufgehen wird.
Seit Anfang Jahr gehen die Einkaufstouristen nicht weniger ins Ausland einkaufen, sondern häufiger und mit mehr Personen. In den Autos sitzen nicht bloss die Mutter und/oder der Vater wie früher, sondern auch die Kinder oder Grosseltern, Nachbarn und Freunde. Kurz: Die Politik hat dazu geführt, dass mehr Personen häufiger über die Grenzen einkaufen gehen. Das Resultat dürfte sogar noch mehr Einkaufstourismus sein. Zahlen gibt es noch keine, aber alle Informationen von Brancheninsidern deuten in diese Richtung. Es ist anzunehmen, dass dieses "Mehr" an Personen, die über die Grenze einkaufen gehen, schlicht auch mehr ausgibt und die Freigrenze ausreizt.
Die Werbung der deutschen Händler EDEKA / Marktkauf bringt es auf den Punkt: "Gemeinsam sparen. 150 Franken Freibetrag pro Kopf. Machen Sie Ihren Einkauf zum Ausflug - und den Ausflug zum Erlebnis", steht auf Plakaten und Inseraten.
Die Senkung der Freigrenze war ein grosser politischer Fehler. Die Schweizerinnen und Schweizer wollen ennet der Grenze einkaufen können, denn die Preise sind nicht nur massiv günstiger, sondern es gibt dort eben auch Produkte, die man in der Schweiz gar nicht erhält.
Unterdrückung durch die Obrigkeit
Ihnen den Einkauf im Ausland madig zu machen, wird von den Eidgenossen als eine Art Einmischung ins Privatleben und Unterdrückung durch die Obrigkeit empfunden. Da sind die Eidgenossen fast schon genetisch allergisch drauf. Genau diese Entscheidung der Politik hat wohl mit dazu geführt, dass viele sich seither an Bundesbern rächen, indem alle Vorlagen des Bundesrats abgelehnt werden, solange an der Grenze nicht wieder das alte Regime herrscht. Dies ging aus Leserkommentaren aus früheren Berichten über das Thema hervor. Denn just seit der Bundesrat den Kampf gegen die Einkaufstouristen eingeläutet hat, hat er so viele Abstimmungen verloren, wie nie zuvor. Wenn "gestichelt" wird, wird eben "zurück gestichelt". Jetzt ist die Freigrenze von 150 Franken da und schnell hat sich ein neuer Umgang damit etabliert.
Die Politikerinnen und Politiker zu Bundesbern, oder gewisse Kantone in der Ostschweiz, die ständig neue Verschärfungen im Kampf gegen den Einkaufstourismus fordern, sollten umdenken. Weitere Verschärfungen würden das Klima nämlich weiter vergiften. Denn wenn es ihn nicht gäbe, wären alle die Leidtragenden.
Einkaufstourismus ist gar nicht schlecht für die Schweiz
Er zwingt die Händler in der Schweiz, auch die Grossen Migros, Coop und Denner, laufend ihre Preise anzupassen. Hätten wir den Druck durch den Einkaufstourismus nicht, müssten wir in der Schweiz für die Wocheneinkäufe mindestens 10-20 Prozent mehr bezahlen, erklärt uns ein Brancheninsider, der jahrelang im Bereich der Festsetzung von Preisen bei einem Detailhändler gearbeitet hat. Dann wäre niemandem gedient - ausser den Aktionären der grossen Detailhändler.
Zudem sorgt gerade der Einkaufstourismus auch für gute Beziehungen mit den Nachbarn über die Grenzen hinweg, was wiederum wichtig ist für grenzüberschreitende Projekte, etwa im ÖV oder beim Mobilfunk usw. Und nicht zuletzt spart man in der Schweiz Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe für Leute, die nur dank günstigen Einkäufen im Ausland überhaupt noch über die Runden kommen. Und das sind nicht wenige.
Kurz: Den Schweizern den Einkaufstourismus zu nehmen ist eine der grössten Einmischungen in die Privatsphäre, die man sich vorstellen kann. Die Politik wäre gut beraten, die Finger von weiteren Verschärfungen zu lassen und zurück zum alten Regime mit 300 Franken Freigrenze pro Person zu kehren. Es ist ein Trugschluss zu glauben, all diese Einkaufstouristinnen und -touristen würden schön brav bei den Händlern in der Schweiz einkaufen, wenn es den Einkaufstourismus nicht mehr gäbe. Diese Rechnung wird nie aufgehen.