Wahlumfrage: SVP kann wohl nicht alle Stimmen zurück holen, die sie 2019 verloren hat
Das letzte SRG-Wahlbarometer vor den Wahlen am 22. Oktober prognostiziert wie erwartet die SVP als Wahlsiegerin sowie die Grünen als Wahlverlierer. Interessant sind aber die Verschiebungen dazwischen. Und da passiert gerade sehr viel.
SRF / Redaktion soaktuell.ch

Grafik: Sotomo im Auftrag der SRG SSR
Die Grünen verlieren 3,5 Prozentpunkte und kommen noch auf 9,7 Prozent. Die Verluste der Grünen könnten grösser ausfallen, als bisher vorausgesagt. Erstmals in der laufenden Legislatur zeigt das Wahlbarometer für die Partei einen Wähleranteil von unter 10 Prozent an. Das Barometer sagt der Partei in der Romandie einen Verlust von fünf Prozentpunkten voraus, während es in der Deutschschweiz nur drei Prozentpunkte sein dürften. Doch an wen gehen die Stimmen, welche die Grünen verlieren?
Ein Teil der Menschen, die bei den letzten Wahlen die Grünen gewählt haben, bleiben bei dieser Wahl wohl der Wahlurne fern. Sie nehmen nicht mehr teil. Der Hype von 2019 ist verflogen. Deshalb wird auch eine tiefere Wahlbeteiligung vorausgesagt.
Der andere Teil der Stimmen verteilt sich auf SP und Mitte-Partei. Die SP könnte sich von 16,8 auf 18,3 Prozent steigern. Das ist aber immer noch weniger als die Sozialdemokraten seit 1991 jeweils hatten. Aber es ist wesentlich mehr, als nach den letzten Wahlvorhersagen zu erwarten war. Der Trend zurück zur SP wird damit erklärt, dass soziale Fragen seit 2019 in den Augen der Wählenden dringlicher geworden seien, während die Umweltthematik verloren habe. Der Themenumschwung fand insbesondere seit der Bekanntgabe der neuen Krankenkassenprämien und Strompreise statt.
Die GLP könnte mit 6,8 Prozent Wähleranteil um einen Prozentpunkt hinter ihr Ergebnis von 2019 zurückfallen, aber damit immer noch mehr Wähleranteile haben als 2015.
Insgesamt wird dem linken Lager bei dieser Wahl ein Wählerverlust von zwei Prozentpunkten prognostiziert. Damit dürfte am 22. Oktober ein leichter Rechtsrutsch passieren.
Dem linken Lager wird ein Wählerverlust von zwei Prozentpunkten prognostiziert.
Die grösste Überraschung ist die Mitte-Partei
Die Mitte-Partei (zuvor CVP und BDP) wird von den Medien gerne totgesagt oder verschwiegen. Sie bleibt oft unter dem Radar. Aber sie hat im letzten halben Jahr von allen Parteien am meisten zugelegt - im Verhältnis zu ihrer bisherigen Grösse. Das liegt wohl daran, dass sie in den letzten sechs Monaten thematisch hervorragend positioniert war. Die Mitte kam zuletzt auf 14,3 Prozent, die FDP auf nur noch 14,1 Prozent Wähleranteil. Die FDP verliert laut Wahlbarometer nach 2019 erneut.
Die Mitte-Partei könnte also zur grossen Überraschung dieser Wahl werden, denn sie stellt die meisten Nationalratskandidatinnen und -kandidaten aller Parteien und reitet derzeit auf einer regelrechten Erfolgswelle.
SVP legt zu, dürfte aber nicht alle 2019 verlorenen Stimmen zurück holen
Die SVP hingegen dürfte stark zulegen: Ihr wird im Wahlbarometer ein Wähleranteil von 28,1 Prozent vorhergesagt, 2,5 Prozentpunkte mehr als 2019. Die 28,1 Prozent wären aber immer noch weniger als der Wähleranteil der SVP in den Jahren 2007 und 2015. In den Umfragen ist die Volkspartei seit dem Herbst 2021 im Aufwind. Ob sie es schaffen wird, die Stimmen zurück zu holen, die sie vor vier Jahren verloren hat, bleibt aber fraglich.
Die haufenweise Parteiaustritte von langjährigen Mitgliedern, wegen der massnahmenkritischen Haltung der SVP während der Pandemie, dürfte in diesen Tagen besonders ins Gewicht fallen. Denn es sind bei allen Parteien vor allem die treuen Mitglieder, die jeweils zuverlässig wählen gehen. Wenn sie fehlen, fällt das doppelt ins Gewicht und muss erst kompensiert werden. Denn diese Stimmen fehlen nicht nur der SVP, sondern sie gehen wahrscheinlich an andere Parteien. Die SVP hat versucht, diese Kompensation teilweise mit Listenverbindungen oder Annäherungen an massnahmen- und staatskritische Bewegungen wie "Mass-Voll" zu erreichen. Ob die Rechnung letztlich aufgeht, werden wir am 22. Oktober sehen.