Wahlen 2023: Das Pendel schlägt zurück
Die Schweiz rückt nach rechts, aber der rechte Block hat keine absolute Mehrheit im Nationalrat. Die Grünen sind selber schuld. Sie haben nichts aus ihrem Wahlerfolg von 2019 gemacht. Deshalb schlägt das Pendel zurück. Nicht das erste mal übrigens.
Kommentar von Martina Gloor, soaktuell.ch
Parteien haben nur vier Jahre Zeit, das in sie gesetzte Vertrauen zu beweisen. Die Grünen haben kläglich versagt. 2019 wurden Leute in den Nationalrat gewählt, von denen man national nie etwas gehört hat. Sie blieben unbekannt. Nach vier Jahren mit einer grossen grünen Fraktion haben wir kein CO2-Gesetz, dafür sind Kernkraftwerke wieder in aller Munde. Die Klimakleber gaben den Grünen schliesslich den Rest. Nach diesen vier Jahren bekam alles was grün ist heute die Quittung.
SVP kommt seit 2003 nicht wirklich vom Fleck
Der Rechtsrutsch ist nicht wirklich gross. Die SVP kommt seit 2003 nicht wirklich vom Fleck. Ihr Wähleranteil pendelt alle vier Jahre hin und her, wie folgende Übersicht zeigt:
2003: 26.8 %
2007: 29.0 %
2011: 26.6 %
2015: 29.4 %
2019: 25.6 %
2023: 27.9 %
Insofern ist der jüngste Wahlerfolg von 2023 keine Sensation und schon gar nicht ein noch nie dagewesener Rechtsrutsch, sondern bestenfalls die Egalisierung der Verluste von vor vier Jahren. Tatsächlich aber hat sich die Volkspartei seit 2003 nicht wirklich weiter entwickelt. In den Wahlkämpfen dominierte seither immer die Ausländer- und Asylpolitik als Hauptthema. Die immer gleichen Wahlkämpfe mit Zeitungen in alle Haushaltungen, Songs und Plakaten mit dem roten Schweif bringen die Partei seit 20 Jahren nicht weiter. Mit Edelweiss-Hemden und Buure Zmorge lassen sich keine neuen Wählerinnen und Wähler mobilisieren.
Das Ausländerthema ist durchaus relevant und wird von den anderen Parteien wissentlich und willentlich unterschätzt. Dafür erhalten sie auch regelmässig mal wieder den Hammer auf den Kopf. Aber auch die SVP muss merken, dass sich damit ganz offensichtlich maximal rund 30% der Wählenden abholen lässt. Dann ist eine Grenze der Mobilisierung erreicht, an der die SVP seit 2003 immer wieder kratzt aber scheitert. Um darüber hinaus zu wachsen, müsste die SVP auch Lösungen für andere relevante Themen bringen, welche die SVP-nahen Schweizerinnen und Schweizer massiv treffen (z.B. Senkung der Krankenkassenprämien, Senkung der Medikamentenpreise, AHV, Renten und Pensionskassen etc.). Sonst droht das Pendel für die SVP nach vier Jahren wieder zurück zu schlagen, wie heute bei den Grünen.
Erfolg der Mitte-Partei bringt ihr wenig
Ein Ausrufezeichen setzt die Mitte-Partei, weil sie beinahe die FDP überholen konnte. Doch die politische Mitte wird von den Sitzzahlen her insgesamt geschwächt. Zwar legt die Mitte-Partei aufsehenerregend zu und auf mehr Nationalratssitze kommen als die FDP. Die Grünliberalen aber verlieren massiv Sitze und ziehen so die Gesamtbilanz der politischen Mitte im Nationalrat ins Minus. Insgesamt aber bleibt der Mitte-Block stark genug für Mehrheiten in beide Richtungen. Im neuen Parlament hat die Mitte-Partei das Sagen. Wo sie hinfällt, ist die Mehrheit.
Die Bundesratsfrage ist beantwortet
Die grünen Bundesratsträume sind mit Sicherheit vom Tisch. Die beiden SVP-Bundesratssitze sowie die beiden Sitze der SP sind wohl unangefochten. Wenn es zum Showdown bei den Bundesratswahlen kommen könnte, dann höchstens zwischen Mitte-Partei und FDP. Aber das ist unwahrscheinlich. Heute hat die FDP, die schon lange schwächelt, zwei Sitze im Bundesrat. Die Mitte stellt eine Bundesrätin. Der Stimmen-Unterschied zwischen den beiden Parteien ist jedoch zu klein, um amtierende Bundesräte ins Wanken zu bringen. Insofern dürfte es bei der Zusammensetzung des Bundesrats im Dezember keine Veränderungen geben.