Spucktests ab neuem Jahr obligatorisch: Was passiert mit Testverweigerern?
Bisher waren Corona-Spucktests an den Schulen im Kanton Solothurn freiwillig. Dass negativ getestete Kinder nach einem Corona-Ausbruch in der Klasse mit den ungetesteten zusammen wieder zur Schule mussten, war ein riesiger Fehler im Schutzkonzept. Eltern regten sich gewaltig darüber auf. Die Kritik wuchs. Nun will der Kanton Solothurn besser werden. Nach den Weihnachtsferien müssen alle Solothurner Schulen Spucktests durchführen. Sind die Spucktests dann auch obligatorisch?

Nachdem in den letzten Wochen die Kritik an den Corona-Schutzkonzepten gewachsen ist, macht der Kanton Solothurn jetzt eine Kehrtwende. Auf der Website des Kantons steht: "Die repetitiven Speichel-PCR-Tests sind ab 3. Januar 2022 im Schwarzbubenland und ab 10. Januar 2022 im Jura-Südfuss für alle Schulträger verbindlich." Eine sicher richtige Entscheidung des Kantons.
Vorausgegangen sind Fälle, welche die gesamten gut gemeinten Schutzkonzepte ad absurdum geführt haben. Eines von vielen Beispielen ereignete sich in den letzten Tagen in Fulenbach (SO). Hier fanden am Mittwoch, 15. Dezember 2021 in der zweiten Klasse die wöchentlichen freiwilligen Spucktests statt, so genannte Pool-Tests. Aufgrund der überlasteten Labore wurden die Ergebnisse den Eltern erst in der Nacht auf Freitag per SMS mitgeteilt. Beide Pools waren positiv. Anders formuliert, in jedem der beiden Kübelchen befanden sich Speichelproben mindestens eines positiven Schülers.
Nach Auswertung der Einzelproben (es waren nach unseren Recherchen zwei Schüler positiv) bekamen jene Schülerinnen und Schüler, die negativ getestet wurden UND jene, die nicht am Test mitgemacht haben die frohe Botschaft, dass sie am Montag wieder zusammen zur Schule dürfen. Das Schlimme daran war, dass mindestens 40 Prozent der Klasse gar nicht am Spucktest teilgenommen hat und demnach unbekannt war, welchen Gesundheits-Status diese Schülerinnen und Schüler hatten. Die Eltern waren schockiert und gingen verständlicherweise auf die Barrikaden.
Kein Test = gesund?
Die Internet-Zeitung soaktuell.ch fragte am 17. Dezember 2021 beim Volksschulamt in Solothurn nach, ob es nicht sinnvoller wäre, die negativ Getesteten wieder zur Schule zu schicken und die Ungetesteten aus Sicherheitsgründen ein paar Tage länger davon fernzuhalten? Die Antwort: "Bei Kindern, die nicht getestet worden sind, liegt auch kein Ergebnis/Diagnose vor. Damit kann auch keine Massnahme ausgesprochen werden."
Eltern melden Kinder frustriert von Spucktests ab
Viele der betroffenen Eltern der zweiten Primarschulklasse in Fulenbach sahen logischerweise keinen Sinn mehr im Pool-Testing und meldeten ihre Kinder in den vergangenen Tagen davon ab. "Regelmässige Tests an den Schulen sind eine Super-Sache, sofern die richtigen Schlüsse aus den Resultaten gezogen werden", sagte der Vater einer betroffenen Schülerin gegenüber soaktuell.ch. "So aber machen sie keinen Sinn mehr." Heute Mittwoch machten in der zweiten Primarschulklasse Fulenbach nach Informationen von soaktuell.ch nur noch rund 7 von 24 Schülerinnen und Schülern beim Testing mit. "Man lobt die Schutzkonzepte an den Schulen und macht solch gravierende Fehler", erzählt ein anderer enttäuschter Vater.
Nachtrag vom 22.12.2021, 20.15 Uhr
Wie Eltern von Schülern der zweiten Primarschulklasse aus Fulenbach der Internet-Zeitung soaktuell.ch mitteilen, ist nun das passiert, was zu erwarten war. Ein weiterer Schüler der Klasse wurde zwischenzeitlich positiv getestet. Er ging dank Schulleitung und kantonsärztlichem Dienst am Montag, 20. Dezember 2021 noch zur Schule, hatte so Gelegenheit, weitere Kinder anzustecken, bevor er dann Symptome entwickelte. Jetzt hat der Kanton angeordnet, dass die Kinder der zweiten Klasse in Fulenbach morgen Donnerstag, 23. Dezember 2021, vorsorglich nicht zur Schule müssen. Und die jetzt endlich (viel zu spät) verhängte Quarantäne für all jene, die nicht beim Pool-Testing mitgemacht haben, dauert nun über die Festtage.
Jetzt reagiert Solothurn
Fulenbach ist kein Einzelfall. Der Druck nahm zu. Am 20. Dezember 2021 hat Solothurn vorbildlich reagiert, wie man der Seite SOschule entnehmen kann, natürlich auch aufgrund der anrollenden Omikron-Welle. Folgende Massnahmen gelten nach den Weihnachtsferien:
Obligatorische Testdurchführungen für alle Primar- und Sekundarschulen bis 8. Juli 2022. (Einbezug des Kindergartens ist möglich). Teilnehmende, welche das 16. Altersjahr erreicht haben, erhalten bei negativer Testung ein Testzertifikat. Dieses kann für 2G+-Anlässe genutzt werden. (Anm. der Redaktion: Es fehlen leider immer noch Angaben darüber, was ab neuem Jahr mit Kindern passiert, deren Eltern sie nicht beim Testen mitmachen lassen. Erhalten diese Kinder bei einem Ausbruch in der Klasse automatisch zehn Tage Quarantäne?)
Maskenpflicht für alle Schülerinnen und Schüler ab der 5. Primarschulklasse sowie für sämtliche erwachsenen Personen an der Schule voraussichtlich bis 25. Februar 2022. Das Tragen von Masken ist jüngeren Kindern gestattet.
Qarantäne für Testverweigerer ist rechtens
Mittlerweile gibt es zwei Volksentscheide, welche die Massnahmen im Kampf gegen Corona wuchtig und grundsätzlich unterstützen. Hinzu kommt jetzt auch noch ein Gerichtsurteil aus Zürich zum Thema der Testverweigerer in Schulen. Blick-Online schrieb am 20. Dezember 2021 über das Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts, welches als Referenzurteil herangezogen werden kann, wie folgt: Werden Schülerinnen und Schüler für zehn Tage vom Präsenzunterricht ausgeschlossen, weil sie eine Anordnung zum Testen verweigern, ist dies rechtens.
Ein Massnahmengegner hatte gegen eine Zürcher Gemeinde geklagt und über zwei Instanzen verloren. Die Schule hatte alle Eltern zuvor darauf hingeweisen, dass Kinder, die nicht mitmachen, für die übliche Dauer der Quarantäne vom Präsenzunterricht und der Betreuung ausgeschlossen würden.
Es sei den Eltern problemlos möglich gewesen, den Schulausschluss abzuwenden, schreibt das Gericht, gemäss Blick-Online, in seinem kürzlich publizierten Urteil. Das Mädchen hätte dafür bloss an dem Ausbruchstest teilnehmen müssen. Ein solcher Spucktest sei schliesslich kein massgeblicher Eingriff in die persönliche Freiheit. Zudem sei der Ausschluss vom Unterricht bloss befristet. Ein unaufholbarer Ausbildungsrückstand sei durch die zehn Tage nicht zu befürchten. Auch die sozialen Kompetenzen würden nicht beeinträchtigt.
Was passiert mit den Testverweigerern?
Die Spucktests werden ab neuem Jahr also im ganzen Kanton Solothurn obligatorisch an allen Schulen durchgeführt. Doch sind sie auch obligatorisch für die Teilnehmenden? Was passiert mit den Testverweigerern. Müssen sie automatisch und konsequent in Quarantäne? Oder lässt man sie einfach wieder mit den getesteten Kindern zusammen zur Schule? Hier hält sich der Kanton Solothurn noch bedeckt.
Die Internet-Zeitung soaktuell.ch bleibt dran.
Foto: Schulhaus Salzmatt, Fulenbach (Archiv soaktuell.ch)