Delegiertenversammlungen: 375 bei der SVP, 900 bei der FDP
Heute Samstag fanden die Delegiertenversammlungen der SVP in Luzern und der FDP in Burgdorf statt. Ginge es nach den offiziellen Besucherzahlen, würden die Freisinnigen gewinnen. 900 Personen besuchten die DV der FDP in der brechend vollen Markthalle Burgdorf. Bei der SVP waren es fast schon bescheidene 375 Personen, trotz Verabschiedung von Bundesrat Ueli Maurer und zentralem Veranstaltungsort Luzern.

Foto: DV der SVP in Luzern (Bild zVg. svp.ch)
Wären Besucherzahlen von Delegiertenversammlungen ein Gradmesser für Parteien, ginge die SVP wohl schwierigen Zeiten entgegen. Die Delegiertenversammlung der SVP im Oktober 2018 in Volketswil, also ein Jahr vor den letzten Wahlen 2019, besuchten nach eigenen Angaben immerhin noch über 500 Delegierte und Gäste. In Luzern waren es heute nur noch 375 Delegierte und Gäste und dies trotz dem emotionalen Abschied von Bundesrat Ueli Maurer und einem zentralen Austragungsort inmitten der Schweiz.
Ein Teil der Parteibasis nimmt es der SVP immer noch übel, dass sich die einst stolze Vertreterin der Schulmedizin während Corona zum Sammelbecken von Impfgegnern, Corona-Leugnern, Esoterikern und Chügelifressern gemacht hat. Ein anderer Teil kann die pro-russischen Aussagen von führenden Persönlichkeiten der SVP nicht verstehen und will nicht im selben Boot mit "Putin-Verstehern" mitfahren. Wie stark das die Partei im Wahljahr 2023 spaltet, wird sich zeigen. Auf jeden Fall dürfte es die SVP in dieser Konstellation schwer haben, 100'000 zusätzliche Wählerstimmen zu gewinnen. Dies ist nämlich eines der erklärten Wahlziele.
Es gehe 2023 darum, einen weiteren Links-Rutsch zu verhindern, betont Parteipräsident Marco Chiesa. Sonst sei es vorbei mit unserem Wohlstand, unserer Freiheit und Unabhängigkeit: «Die links-grüne Politik ist eine Selbstmörder-Politik: Sie zerstört alles, was den Erfolg der Schweiz ausmacht.» Die Zeit reiche nicht aus, um eine vollständige Bilanz dieser «links-grünen Katastrophenpolitik» zu machen. Links-Grün heisse zu wenig Energie und Strom, Wohlstandsverlust, Verarmung, erdrückende Steuerlast, Bevormundung und Verbote, Asyl für alle und eine 10-Millionen-Schweiz. Und erst noch «Gender-Gaga, Sprachpolizei und Toiletten-Wahnsinn». «Unser freies Land geht vor die Hunde, wenn es uns nicht gelingt, den links-grünen Vormarsch zu stoppen», mahnt Chiesa.
Emotionaler Höhepunkt der Delegiertenversammlung ist der Auftritt des scheidenden Bundesrates Ueli Maurer, der seinem Ruf als unbeirrbarer Mahner und als finanzpolitisches Gewissen der Nation treu bleibt und die Delegierten zu frenetischem Applaus mitreisst. Die Lage sei angespannt, warnt Maurer. Durch die ungebremste Zuwanderung steige zwar das Bruttoinlandprodukt – jedoch nicht pro Kopf. Bei der Abstimmung zur Energiestrategie 2050 sei der Bundesrat davon ausgegangen, dass die Schweiz 2050 neun Millionen Menschen zählen würde. «Diese Zahl werden wir bereits Ende 2022 erreichen – ganze 28 Jahre früher!» Auch die Finanzlage sieht düster aus: «Wir haben mittlerweile über 20 Milliarden Franken Schulden angehäuft – Schulden, die unsere Kinder dereinst bezahlen müssen», sagt Maurer. Doch die Medien und die Dauerempörten interessiere dies nicht. Man rege sich lieber wochenlang über seine Aussage auf, dass es ihm egal sei, ob ein Mann oder eine Frau seine Nachfolge antrete, Hauptsache es sei kein Es. «Das entlarvt die Dekadenz dieser Gesellschaft.»

Foto: DV der FDP Schweiz in Burgdorf (Bild zVg.)
900 FDP-Delegierte mit vielen Inhalten in Feierlaune
Exakt ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen stimmte sich auch die FDP.Die Liberalen im Beisein von Bundespräsident Ignazio Cassis und Bundesrätin Karin Keller-Sutter gemeinsam auf den Wahlkampf ein. In der Markthalle Burgdorf trafen sich rekordverdächtige 900 Freisinnige und feierten das erfolgreiche Zustandekommen der Renteninitiative sowie der Initiative zur Einführung der Individualbesteuerung. Eine sichere Altersvorsorge und ein zeitgemässes Steuersystem sind zentrale Herausforderungen für unser Land und die FDP bietet mit den Initiativen konstruktive Lösungen.
Die Erfolge in den kantonalen Wahlen und erfreuliche Umfragen zeigen, dass liberale Antworten auf die zahlreichen Herausforderungen gefragt sind. Parteipräsident Thierry Burkart betonte in seiner Rede, dass die FDP für klare Positionen steht: «In den letzten Monaten hat es die FDP geschafft, wieder Themenführerin zu sein. Gerade in der Sicherheits-, Energie- und Wirtschaftspolitik mussten sich die Parteien links und rechts von uns an der FDP abarbeiten – und nicht wir an ihnen. Wir haben in der Öffentlichkeit breit diskutierte und breit akzeptierte Themen gesetzt. So wie es sich gehört für diejenige politische Kraft, die dieses Land mit Abstand am meisten geprägt und gestaltet hat und es auch in Zukunft tun wird.»
Auch die akuten Herausforderungen bezüglich Energieversorgung sprach Burkart an: «Zugunsten einer sicheren Stromversorgung schliesst die FDP keine Technologie aus. Es braucht auch in Zukunft einen breiten Mix der verschiedenen Energieträger. Dazu kommt: Die Politik muss der Bevölkerung reinen Wein einschenken. Denn der gleichzeitige Ausstieg aus der Atomkraft und die Einhaltung der Klimaziele gleichzeitig ist nicht möglich. Wichtig ist, dass erneuerbare Energien, Wasser, Solar, Wind und Geothermie schneller und einfacher gebaut werden können.»
Alt Bundesrat Kaspar Villiger sprach unter dem Titel «Sicherheit durch Resilienz» unter anderem über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz: «Wenn wir unseren Wohlstand langfristig sichern wollen, ist es wichtiger denn je, die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft, und zwar für die Kleinen wie die Grossen, permanent zu verbessern, statt zu verschlechtern. Sonst könnte der Wohlstandsesel Wirtschaft im zunehmend garstigen Umfeld eines Tages bocken statt ziehen.»